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Vom Bullshit der angstfreien Organisation: Keine Angst vor der Angst
2023-06-01 14:25

Vom Bullshit der angstfreien Organisation: Keine Angst vor der Angst

Warum Angstfreiheit keine gute Idee und unmöglich ist

Keine Angst vor der Angst. Angst ist, wie ich finde, eines der Themen, welches gerade super aktuell ist, weil wir ja nicht nur im Kontext von Organisationen und dem immer währenden Wandel spüren, was es letztlich bedeutet sich unsicher zu fühlen, in Angst zu sein. Wenn wir jetzt an die vergangene Pandemie denken, die noch immer in unseren Köpfen steckt und deren Folgen auf allen Ebenen spürbar sind oder auch an das, was Klimaveränderungen, der wissenschaftliche - technische Fortschritt - voran KI -, die aktuellen wirtschaftlichen und politischen Krisen, dann treffen wir vielfach auf Angst. Leider fehlt es oft am Mut diese Angst offen zu kommunizieren, denn sie ist noch immer ein Tabuthema.

Ich habe letzt einen Artikel in Social Media gelesen, den ein von mir sehr geschätzter Vortragsredner und Berater gepostet hat. Er sprach in diesem Artikel das Thema der angstfreien Organisation an und hat dabei auf ein gleichnamiges Buch verwiesen, welches er empfiehlt. Ich habe dieses Buch gelesen und habe viel gefunden, dem ich zustimmen kann und dennoch sage ich von der grundsätzlichen Aussage her: Bullshit. Sorry. Das ist natürlich meine Meinung und ich möchte es auch in der Sache begründen. Wir müssen uns offen mit dem Thema Angst auseinandersetzen, statt Angstfreiheit als Lösung anzuvisieren. Wer mein Buch "Mutausbruch - Das Ende der Angstkultur" (bei Midas 2021 erschienen) gelesen hat, weiß ganz sicher worauf ich abziele. Meine Sicht auf Angst und Angstfreiheit ist eine ganz andere.

Angstfreie Organisation: Vorsicht Bullshit

Also mal ganz vorn angefangen. Eine "Angstfreie Organisation" ist ja vom Grunde her etwas, was wir uns als sehr erstrebenswert vorstellen können. Dennoch ist sie nicht nur naiv, sondern auch kontraproduktiv. Wir können es nicht gebrauchen, dass Mitarbeiter oder genauso Führungskräfte mit Angst zur Arbeit gehen, unter Druck und damit psychischer Belastung arbeiten. Besonders Manager und Führungskräfte müssen in einer unsicheren Welt, die sich durch die Globalisierung, die Digitalisierung und den rasant schnellen Wandel der Wirtschafts- und Arbeitswelt sichtbar wird, Entscheidungen für eine Zukunft treffen, die sie überhaupt noch nicht kennen. Wissenschaftliche Studien belegen, wie auch die der Fachhochschule Köln, dass Angst ein großes Thema in Management und Führung ist. Letztere Studie belegt, dass neun von zehn Managern in Angst zur Arbeit gehen. Erschreckend! Neben dem menschlichen Dilemma bescheren sie ihren Unternehmen gleichzeitig finanzielle Verluste durch nicht getroffene Entscheidungen, Fehlzeiten durch krankheitsbedingten Arbeitsausfall. Psychische und mentale Gesundheit braucht sichere Räume. Diese Thema braucht Sichtbarkeit und handeln.

Ein Hoch auf die Angst? Nicht wirklich?

Beruflich, wie auch privat geht es uns ähnlich. Zunächst scheint es erstrebenswert, sichere Räume oder auch eine angstfreie Organisation anzustreben. Doch Angst ist ein sehr natürliches Gefühl und lebenswichtig, manchmal überlebenswichtig. Sie ist genetisch in uns verankert und gehört zu jedem Lebewesen. Erst die Dosierung und unsere Bewältigungsstrategien machen sie schädlich. Wir müssen deshalb differenzierter auf die Angst schauen, hinschauen, uns anschauen.

  • Was würde es bedeuten, wenn es diese absolute Sicherheit geben würde?
  • Was würde es bedeuten, wenn wir in "sicheren" Räumen agieren?

Immer wenn wir über angstfreie Organisationen oder letztlich ein angstfreies Leben sprechen, ist der menschliche Wunsch nach Sicherheit natürlich ein berechtigter Auslöser. Menschen streben nach Sicherheit, alles andere wäre ja auch pervers. Wer möchte schon in Gefahr sein, geschweige denn arbeiten? Angstfrei ist aber deshalb Bullshit, weil es so etwas perse nicht gibt. Das Leben ist und war zu jeder Zeit unsicher, die Zukunft ist und bleibt ungewiss. Es geht doch eher darum, eine Kompetenz zu entwickeln, die ich als Unsicherheitskompetenz bezeichne. Geht es nicht darum risikokompetent zu agieren, zu lernen, mit diesen Unsicherheiten umzugehen? Es ist doch genau das, was wir der Angst entgegensetzen können. Ich bin überzeugt, dass dieses Lernfeld mehr als nur ein Zukunftsskill ist: Es geht um die Haltung Mut zu kultivieren. Mut ist handeln trotz der Angst und durch sie hindurch. Allerdings ohne Größenwahn, ohne höher, schneller, weiter, sondern risikoabwägend, bewusst, demütig: kompetent.

Mut ist handeln trotz der Angst und durch sie hindurch.

Angstfrei ist was für Angsthasen: Hallo Mut

Nehmen wir jetzt mal an, es wäre tatsächlich möglich und wir würden angstfreie Räume oder angstfreies Arbeiten ermöglichen können. Dann ist dies für mich der falsche Fokus. Die Folge wäre, alle Energie auf Absicherung zu legen. Deutschland gilt ja bereits als das Land der Angsthasen. Und das, was wir über Jahrzehnte schon machen, ist nämlich genau das: alle Energie auf Absicherung richten. Wir versuchen Krisen entgegenzusteuern, Prozesse sicher, fest zu machen, haben unsere Verwaltung jegliche Flexibilität genommen, lähmen die Kraft von Neugier und Entdeckerfreude, den Eintritt des Neuen. Wir gehen dabei mit jedem Schritt auf Sichthöhe, nur kein Risiko eingehen, kein Wagnis eingehen. Das Ergebnis ist bekannt.

Wir sichern ab, was wir nur können. Ja, wir sind das Land der Angsthasen. Eine positive Folge dessen ist natürlich, dass wir unsere hohen Qualitätsansprüche durchsetzen konnten, dass wir qualitativ dem Markt echte Vorreiter sind, oder waren. Aber der Preis ist hoch. Wir sind zu träge, zu langsam zu starr in dieser sich so schnell wandelnden Welt.

Wir können unsere Milch zwar fettfrei, das Leben aber nicht sicher machen." Prof. Dr. Gerd Gigerenzer, Risikoforscher

Unsere vorhandene Kreativität wird ausgebremst. Deshalb hängen wir in den meisten Bereichen in Sachen Innovation und dessen Umsetzung hinterher. Wer vom Wesen ein kreativer Geist und Gestalter ist, weiß, dass es wichtig ist Sicherheiten loszulassen, wenn wir das Neue in die Welt bringen möchten.

Innovation und Kreativität gehen Hand in Hand. Angst ist da eher kontraproduktiv. Aber andererseits ist es eben ein Paradox. Wir brauchen die Freiheit, um unserer Neugier und Begeisterung nachzugehen und wünschen uns letztlich Sicherheit, um in Ruhe zu gestalten. Dieser Widerspruch an sich, besteht doch in den sich widersprechenden Bestrebungen, die uns Menschen inne sind. Zum Einen wollen wir autonom sein. Wir wollen Autonomie haben zu gestalten, also sprich Freiheit. Und zum Anderen wollen wir keine Unsicherheit, sondern Sicherheit, als Überlebensprinzip.

Wer nicht wagt ist tot!

Beides geht eben nicht zu 100 Prozent. Ein gelingendes Leben, besteht darin, dass wir lernen können, richtige Strategien einzusetzen, dass wir lernen, Risikokompetenz zu entwickeln. Auch wenn wir vor unsicheren Situationen Angst oder Respekt haben, können wir souverän handeln. Was uns dazu stärkt ist die Fähigkeit von Stehaufmännchen zu erlangen, die uns ermöglicht, wenn wir verfehlen (und es ist zu 100 Prozent sicher, dass etwas verfehlt ) aufzustehen und gestärkt weiter zu gehen.

Resilienz gegen die Angst

Resilienz heißt das Zauberwort. Es bedeutet die Fähigkeit der Selbstwirksamkeit in sich zu tragen, um wieder aufzustehen, weiterzugehen, oder auch andere Wege einzuschlagen. Wir lernen, einen Umgang mit Fehlern zu kultivieren, der uns eben nicht an die Wand stellt und uns in all unserer Verletzlichkeit bloßstellt, sondern dass wir begreifen, dass der Fehler zum Tun dazugehört, dass er uns vielleicht sogar befähigt, innovativ zu sein, neue Produkte zu entwickeln, ein kreatives Leben zu führen, die Dinge zu tun, die wir wirklich tun wollen.

Es ist bedeutsam, dass wir in diese Lernfelder eintauchen, dass wir Unsicherheitskompetenz lernen und damit mutig unseren Weg gehen, sowohl im eigenen Leben als auch in den Unternehmen und Organisationen.

Mindset statt angstfrei

Unsere Haltung entscheidet, wie wir mit dem umgehen, was wir als "unsicher" betrachten. Wenn es gelingt, dass wir uns Kompetenzen aneignen, die sich in unserem Mindset manifestieren, die uns ermöglichen durch die Angst hindurchzugehen, ganz in Vertrauen, Risiken kompetent zu handhaben, haben wir der Angst etwas entgegenzusetzen, was uns selbstwirksam sein lässt. Genau das können wir dem Konzept eines angstfreien Lebens oder einer angstfreien Organisation entgegenstellen.

Lebendig sein bedeutet sich seinen Ängsten zu stellen. Wir können halt nicht in das Neue und in die Möglichkeiten eintauchen, wenn wir mit Absicherung beschäftigt sind. Niemand von uns hat sie, die Glaskugel. Keiner von uns kann heute wissen, wenn er eine Entscheidung trifft, ob diese bis in die Zukunft reicht. Warum also nicht etwas wagen, wenn es die Möglichkeit in sich trägt, dass es besser werden kann.

Wenn nichts mehr sicher ist kann man sich alles trauen! Okay, vielleicht nicht alles, aber wir können über uns hinauswachsen und uns ausdehnen. In jedem Fall möchte ich ein Plädoyer für mehr Mut aussprechen. Fazit:

  1. Angstfrei ist der falsche Fokus. Lernen wir kompetent mit Unsicherheit und Angst umzugehen.
  2. Mut bedeutet nicht keine Angst zu haben, sondern handeln trotz und mit der Angst.

Du willst wissen wie:

  • wie mutige Führung geht, wenn nichts sicher scheint
  • wie Du MitarbeiterInnen sicher durch die Unsicherheit führen kannst
  • wie wir unser Mindset stärken können, um in Unsicherheit zu agieren
  • wie Führung vertrauensvolle Räume im Wandel schaffen kann

Führung im Wandel beginnt immer bei mir als Führungskraft und schafft eine Organisation, die in einer unsicheren Welt sicher agiert. Ich freue mich, wenn ich Dich inspiriert habe weiter zu denken und über Deine Meinung zu diesem Thema.

Wenn Du Interesse an einer Zusammenarbeit mit mir hast, dann lass uns loslegen.

Consultant & Speaker - Blogger - Podcaster. Initiatorin der Mutausbrüche
Simone Gerwers ist Sparringspartnerin für Führung & Management im Wandel und Inhaberin der coaching4change Akademie. Die Diplomwirtschaftswissenschaftlerin wirbt für mehr Mut in Wirtschaft und Gesellschaft und im Leben. Sie stiftet an Erfolg neu zu denken.

Get in Touch @simone_gerwers

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